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Kalender 2012

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September

Kadmos: Kennst du den Kopf, den du in deinen Armen trägst?

Agaue: Den Löwenkopf?

Kadmos: Sieh hin!

Agaue: Ich … Unglückliche.

Kadmos: Siehst du noch immer einen Löwenkopf?

Agaue: Pentheus!Ich halte meines Sohnes Pentheus Kopf in Händen…

Wie kommt sein Kopf in meine Hände?

Kadmos: Du und die ganze Stadt, ihr wart von Sinnen.

Agaue: Jetzt begreife ich. Dionysos! Er hat uns vernichtet.

EURIPIDES: DIE BAKCHEN

 

In den Bakchen des Euripides, dem letzten Stück des Dichters, tritt Dionysos, der Gott der Ekstase, der Verwandlung und des Weines, dem die Festspiele der Großen Dionysien, an denen in Athen jährlich im Frühjahr die Tragödien unter Einbeziehung der Bürger gespielt wurden, selbst auf. Er lässt alle Frauen der Stadt in einen Rausch verfallen. Sie verlassen die Stadt, um auf einem naheliegenden Berg, dem Kithairon, ihre Orgien zu feiern. So jagen sie zum Beispiel Wild, das sie roh verspeisen, tanzen und singen. Pentheus, Sohn der Agaue, der sich zunächst dem Gott widersetzt hatte, wird von diesem überzeugt, in Frauenkleidern diesen zu folgen, um ihren orgiastischen Kult zu beobachten. Er versteckt sich in einem Baumwipfel, wird aber von den Frauen entdeckt und zerrissen. Selbst seine Mutter erkennt ihn nicht.

 

Ausgangspunkt für die Bilder des Jahreskalenders 2012 ist eine Reihe von Fotos, in denen die Künstler Wolfgang Heyder und Klaus Peter Vellguth ihr Gespräch über zentrale Szenen aus antiken Stücken mit Selbstauslöser dokumentiert haben. Jedes der für diesen Kalender erstellten Blätter ist von beiden gemeinsam gemalt und gezeichnet, so dass sich der Dialog auch auf der Gestaltungsebene wiederholt.

Die beiden haben sich für diese antiken Stoffe entschieden, da in ihnen ein Ideen- und Gestaltungsreichtum vorliegt, der unerschöpflich ist und der bis in die heutige Zeit hinein immer neue Betrachtungen und Variationen nach sich zieht.

Hier sind die Topoi zu finden, die noch manches Werk selbst der allerneuesten Literatur bewegt. Gerade in Zeiten des Internet, von Bilderflut und Suchmaschinen, ist zu erkennen, dass hier ein Arsenal an Grundmöglichkeiten vorliegt, dass immer wieder verwandelt, aber nicht überboten werden kann.

 

Oktober

Xanthias Soll ich einen von den guten alten Spässen machen,

bei dem die Zuschauer regelmässig lachen?

Dionysos Beim Zeus! Sag was du willst – nur nicht: Ich habe Blähungen!

Das lass bleiben. Ich kann es einfach nicht mehr hören.

Xanthias Was anderes dann?

Dionysos Auch nicht: Es kneift!

Xanthias Auch nicht? Was dann? Darf ich den Hauptwitz machen?

Dionysos Beim Zeus! Verschone mich!

Xanthias Womit genau?

Dionysos Dass du Gepäck von einer Schulter auf die andere wirfst

und schreist, du müsstest kacken.

Xanthias Wie? Willst du auch nicht, dass ich drohe: Jemand nehme

meine Last, die ich da schleppe – oder: ich lass einen fahren?

Dionysos Höchstens wenn ich auf der Stelle kotzen soll!

Xanthias Was soll ich denn machen, wenn ich nichts von alldem tun darf,

was unsere Komödiendichter regelmässig in die Texte setzen …!

ARISTOPHANES: DIE FRÖSCHE

In den Fröschen des Euripides geht Dionysos in die Unterwelt, um den besten Tragödiendichter aus dem Hades wieder ins Diesseits zu führen. Dort muss sich Euripides, der zunächst dafür gilt, einem Wettstreit mit Aischylos, dem älteren Rivalen, stellen. Am Ende wird Aischylos zum Sieger gekürt und darf aus dem Jenseits zurückkehren. Die Frösche verhandelt die möglichen Techniken und Einflussmöglichkeiten von Komödie und Tragödie.

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